Am 5. April 2015 spricht Fr. Idit Gil von der
"Open University of Israel" bei der Gedenkfeier auf dem Gelände des KZ-Gedenkstätte Hessental.
Dr. I. Gil ist Historikerin und hat bei der Gedenkfeier eine interessante, präzise Studie der Entwicklung der Lager - u.a. auch von Hessental - vorgetragen. Sie zeigt den Zusammenhang zwischen der für die Deutschen immer schlimmer werdenden militärischen Situation und dem immer schrecklicher werdenden Terror in den Lagern. Bei Ihren Studien hat sie Transportlisten nach Vaihingen entdeckt und der Initiative mitgeteilt.
Interessant ist auch, wie sie persönlich zum Besuch einiger Gedenkstätten in Deutschland und schließlich zur Initiative KZ-Gedenkstelle Hessental gekommen ist.
Ihr Vater Chaim Gil ist Auschwitzüberlebender. Aber erst im Jahr 2007 hat er etwas vom Schicksal seines Bruders Yankiel Gelibter erfahren.
Die Vorsitzende des Verreins Gedenkstätten KZ Bisingen erhielt plötzlich eine mail von Dr. Idit Gil: "Liebe Uta, ich bin Lehrerin an der Open University von Israel. Mein Vater ist Holokaustüberlebender und erfuhr erst kürzlich vom Internationalen Suchdienst über die Umstände, unter denen sein Bruder im Dezember 1944 im Arbeitslager Bisingen verstorben ist. Er bat mich, ihn zu einem Besuch in Bisingen zu begleiten. Wir kommen am Samstag, 06. Oktober in München an. Trotz zahlreicher e-mail Anfragen in Bisingen erhielt ich keine Antwort. Es wäre sehr wohltuend, wenn Du mich mit Informationen unterstützen könntes.
1. Wir beabsichtigen, am Sonntag, 7.10. das Lager zu besuchen. Ist das gut oder schlägst Du einen anderen Tag vo ? 2. Wann ist das Museum geöffnet ? 3. Ist der KZ-Friedhof offen, wenn ja, zu bestimmten Stunden oder immer ? Ist dort ein Massengrab für die Opfer oder gibt es individuelle Grabsteine? 5. Ist es möglich, Dich in Bisingen zu treffen ? 6. Hast Du einen Vorschlag für Übernachtungen in Tübingen ? Ich weiß, dass das wie eine typisch israelische "Chutzpe" erscheint,, aber jede Information, die Du baldmöglichst geben kannst, würde eine große Hilfe im Vorankommen unserer Pläne bedeuten. Auf Deine Antwort wartend - Schalon Dr.Idit Gil"
Das war der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit.
Bei diesen Treffen erzählte der Vater von Dr. Gil, Chaim, Gil, dass er und sein Bruder in der Nähe von Radom aufgewachsen sind. 1941 kamen beide Brüder nach Radom ins Arbeitslager, wurden jedoch 1942 getrennt. Chaim wurde 1944 nach Auschwitz deportiert. Eines Tages sah er seinen Bruder in einem Zug, der sich bereits in Bewegung setzte. Sie winkten einander zu, Damals ahnten die Brüder nicht, dass dies ihr letzter Gruß sein würde.
Seitdem verlor sich die Spur des Bruders für 63 lange Jahre. Chaim hörte nicht auf, nach seinem Bruder zu suchen und fand in Yad Vaschem eine Liste, aus der hervorging, dass sein Bruder über Natzweiler/Struthof und Vaihingen Enz nach Bisingen gekommen war. Über den Internationalen Suchdienst in Arolsen erhielt er dann die Bestätigung, dass sein Bruder am 14. Dezember 1944 in Bisingen an einer Niereninfektion verstorben war.
Chaim und Dr. Idit Gil besuchten das Lager, denn es war ihnen wichtig, einen realen Ort, an dem Yankiel gestorben ist, aufzusuchen. Sie versuchten sich die letzten Tage der Verstorbenen vorzustellen: Wie sehr haben sie gelitten, starben sie allein, woran dachten sie in ihren letzten Studen ?
Dr. Gil sagte einmal in Bisingen: "Zwei elementare Bedürfnisse menschlicher Wesen, die uns von anderen unterscheiden, sind der Wille zu wissen und zu verstehen. Sie sind der Antrieb unserer Entwicklung. Während dieser Reise brachten wir einiges über den Platz in Erfahrung, an dem mein Onkel Jakob Gelibter begraben liegt. Nun wissen wir aus erster Hand etwas über den Ort, an dem er die letzten Monate seines kurzen und tragischen Lebens leiden musste. Nie werden wir begreifen können, warum er und 1.157 weitere menschliche Wesen sich hier an diesem Platz zu Tode arbeiten mussten und nur noch menschlicher Staub waren.
Indem Du, Vater, den Gedenkstein mit Jakobs Namen hier an seiner Begräbnisstätte setzt, stellst du Jakobs Identität wieder her. Er ist nun nicht mehr länger ein anonymes Opfer sondern ein menschliches Wesen, das umkam, noch bevor es Familie hatte, die sich hätte kümmern können. Es ist unmöglich, denjenigen zu vergeben, die diese Verbrechen begangen haben. Aber es gibt auch andere Menschen. "